Online-Scheidung

Unter „Online-Scheidung“ oder „Internet-Scheidung“ oder „elektronischer Scheidung“ versprechen in letzter Zeit verschiedene Anbieter, dass diese „neue Form der Scheidung“ angeblich schneller, billiger und einfacher wäre. Stimmt das? Profitiert von dieser Online-Scheidung mehr der Mandant oder mehr der Anwalt? 

 

Der Begriff „Online-Scheidung“

Zur Klarstellung: Eine Scheidung kann in Deutschland bisher nicht online durchgeführt werden. Jede Scheidung vor dem Gericht erfordert eine mündliche Verhandlung und grundsätzlich auch das persönliche Erscheinen der Beteiligten. Was im Internet unter „Online-Scheidung“ angeboten wird, ist eine ganz normale Ehescheidung mit dem Unterschied, dass der Mandant zum Anwalt nur über das Internet Kontakt hat. Wer sich „online“ scheiden lassen will, beauftragt eine Anwaltskanzlei mit der Durchführung der Scheidung, indem er ein Formular aus dem Internet herunterlädt und ausfüllt. Mit den Daten, die der Mandant bzw. die Mandantin der Anwaltskanzlei über das Internet weiter gegeben hat, reicht die Kanzlei dann ganz normal einen schriftlichen Scheidungsantrag beim Gericht ein. Doch wo liegt der Vorteil für Sie als Mandant?

 

Kosten der „Online-Scheidung“

Meist wird behauptet, die „Online-Scheidung“ sei günstiger als eine „normale“ Scheidung, was schlichtweg nicht stimmt und nicht stimmen kann. Die gerichtlichen und die  anwaltlichen Kosten für eine Ehescheidung sind gesetzlich festgelegt. Sie richten sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) und dem Gerichtskostengesetz (GKG). Ihre Höhe hängt vom sogenannten Gegenstandswert ab, der sich für die Ehescheidung nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Eheleute richtet. Jeder Anwalt, auch derjenige, der mit „Online-Scheidung“ wirbt, ist an diese gesetzliche Gebührenordnung gebunden und darf die Gebühren gar nicht unterschreiten. Eine „Online-Scheidung“ kostet also genauso viel wie eine herkömmliche Scheidung mit einem Anwalt. Die „Online-Scheidung“ ist nicht für den Mandanten günstiger, sondern für den Anwalt, denn er bekommt die Daten vom Mandanten „frei Haus geliefert“ und erspart sich zeitaufwendige Besprechungstermine.  

 

Der Mandant bekommt also weniger Anwaltsleistung

für die gleiche Vergütung.

 

Während bei einem Beratungsgespräch beim Anwalt oft auch noch Fragen gestellt werden, die mit den Scheidungsfolgen oder dem Ablauf des Verfahrens zusammenhängen, findet eine entsprechende Beratung bei der „Online-Scheidung“ nicht statt, wenn nicht der Mandant von sich aus gezielt Fragen per E-Mail an den Anwalt richtet.  

Die Dauer des Scheidungsverfahrens hängt nicht davon ab, ob der Antrag online vorbereitet wurde oder in einem persönlichen Gespräch.  

Bei einer einvernehmlichen Scheidung, bei der nicht noch über Fragen wie Unterhalt, Sorgerecht oder Zugewinn gestritten wird,  hängt die Dauer des Verfahrens vor allem davon ab, wie schnell die Rentenauskünfte für den Versorgungsausgleich eingehen.  

Bei einer „Online-Scheidung“ spart man sich zwar die Zeit für das erste Beratungsgespräch bei dem Anwalt. Andererseits besteht aber auch die Gefahr, dass beim Ausfüllen von Formularen Fehler passieren bzw. Angaben durcheinandergeraten, was man bei einem persönlichen Gespräch gleich bemerken und korrigieren würde.  

 

Gerichtstermin

Eine Scheidung kann nicht ohne einen Termin beim Gericht stattfinden, also nicht etwa auf dem Schriftweg. Stattdessen gibt es eine mündliche Verhandlung beim Gericht, zu der mindestens ein Anwalt erscheinen muss, nämlich der Anwalt der Partei, die den Antrag eingereicht hat.  

Wenn man mit einer Scheidung über das Internet eine Anwaltskanzlei beauftragt hat, die weiter entfernt ihren Sitz hat, dann muss entweder von dort ein Anwalt zum Gerichtstermin anreisen, was zusätzliche Reisekosten verursacht oder die entferntere Kanzlei kann einen ortsansässigen Anwalt mit der Vertretung im Gerichtstermin beauftragen. Dann tritt für Sie in der Verhandlung ein Anwalt bzw. eine Anwältin auf, mit dem/der Sie bis dahin überhaupt keinen Kontakt hatten.

 

Bedeutung des Scheidungsantrags

Eine Scheidung ist keine Routine-Angelegenheit, sondern ein einschneidendes Ereignis, das viele Fragen aufwirft und manchmal auch Probleme verursacht. Es geht um ganz andere Dinge als z.B. bei einem Verkehrsunfall oder einer Reisereklamation.  

Oft tauchen Fragen auf, die man nicht so einfach in einem Formular klären kann, und deshalb sind wir der Auffassung, dass jeder, der sich scheiden lassen will, zumindest einmal zu einer Beratung seinen Anwalt treffen und die Fragen besprechen sollte, die sich ergeben könnten. Häufig weiß der Mandant vor einer Beratung gar nicht, welche Ansprüche er noch geltend machen könnte oder was ihn im Einzelnen an Scheidungsfolgen erwartet. Gar nicht so selten kann es aus taktischen Gründen ratsam sein, die Scheidung noch gar nicht einzureichen, sondern abzuwarten, denn mit dem Einreichen des Scheidungsantrags ist das Setzen von Stichtagen verbunden (z.B. im Zugewinnausgleich und im Versorgungsausgleich). Wenn man mit einer sog. „Online-Scheidung“ ein solches Beratungsgespräch einspart, ist das vor allem für den beauftragten Anwalt ein Vorteil, nicht für den Mandanten.  

Selbstverständlich können Sie uns einen Auftrag für eine Scheidung auch per E-Mail erteilen und wir können mit Ihnen ausschließlich online Kontakt halten, wenn Sie das wünschen.  

Wir bevorzugen aber ein Beratungsgespräch nach telefonischer Voranmeldung und beantragen Ihre Scheidung danach unverzüglich, wenn Sie das wünschen. Rufen Sie uns einfach an und vereinbaren einen Termin.

 

 

                                              Rechtsanwältin Ursula Schröder-Heim

                                               Fachanwältin für Erbrecht

                                               Fachanwältin für Familienrecht

 

                                               Großherzog-Friedrich-Str. 62

                                               77694 Kehl

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